Sayful-Islam – von René Guénon

Die Ewige Religion

Geschrieben von Abdul Al-Hazred am 29. Dez 2007 18:05:

Als Antwort auf: TV-Tip am Karfreitag: Dschihad - Schwert des Islam geschrieben von Ahmet am 04. Apr 2007 22:22:48:

Sayful-Islam – von René Guénon

In der okzidentalen Welt ist man gewohnt den Islam als eine wesentlich kriegerische Tradition zu betrachten und daher, besonders wenn vom Säbel oder vom Schwert (es-sayf) gesprochen wird, dieses Wort einzig in seinem wörtlichsten Sinn zu verstehen, ohne irgendwie daran zu denken, sich zu fragen, ob es in Wirklichkeit nicht etwas anderes repräsentiert. Es ist dennoch nicht von der Hand zu weisen, dass im Islam eine gewisse kriegerische Seite existiert und ebenso dass, weit davon entfernt seinen eigentümlichen Charakter zu konstituieren, diese sich gleichsam in größten Teil der anderen Traditionen vorfindet, inklusive des Christentums. Auch ohne daran zu erinnern, dass Christus in Person gesagt hat: „Ich bin nicht gekommen, um den Frieden zu bringen, sondern das Schwert“[1], was man im Grunde auf figurative Weise verstehen kann, bietet die Geschichte des Christentums im Mittelalter - d.h. in der Epoche, in der es seine effektive Verwirklichung in den sozialen Institutionen hatte – größtenteils ausreichende Beweise dafür; und auf der anderen Seite besitzt sogar die Hindu Tradition (welche sicherlich nicht als speziell kriegerisch durchgehen könnte, wo sie doch sogar im allgemeinen dafür gescholten wird, der Aktion wenig Platz einzuräumen) diesen Aspekt, wie man sich überzeugen kann, indem man die Bhagavadgîtâ liest.

Gesetzt den Fall man ist nicht von bestimmten Vorurteilen geblendet, ist es einfach zu verstehen, warum es sich derartig verhält, denn im sozialen Bereich konstituiert der Krieg, inwieweit gegen jene gerichtet, die die Ordnung aufwühlen und inwieweit er den Zweck hat zur Ordnung zurückzuführen, eine legitime Funktion, die im Grunde nichts als ein Aspekt der Funktion der "Gerechtigkeit" in ihrer allgemeinsten Bedeutung ist. Dies ist jedoch nur die äußerlichste Seite der Dinge, daher die unwesentlichste: aus dem traditionellen Standpunkt ist das, was dem so aufgefassten Krieg all seinen Wert verleiht, die Tatsache, dass er dem Kampf symbolisiert, den der Mensch gegen die Feinde führen muss, die sich in ihm befinden, d.h. gegen alle Elemente in ihm, die gegen die Ordnung und die Einheit sind. Im Übrigen muss der Krieg in beiden Fällen, handele es sich um die äußerliche und soziale Ordnung, oder um die innerliche und spirituelle Ordnung, dazu tendieren, das Equilibrium und die Harmonie (und aus diesem Grund bezieht er sich tatsächlich auf die "Gerechtigkeit") einzusetzen und somit auch dazu, in gewisser Weise die Vielheit der Elemente zu vereinen, die sich in gegenseitiger Opposition befinden. Dies ist gleichbedeutend damit zu sagen, dass die normale Schlussfolgerung und definitiv der einzige Grund des Bestehens des Krieges der Frieden (es-salâm) ist, der wirklich nur durch die Unterwerfung unter den göttlichen Willen (el-islâm) erreicht werden kann, alle Elemente auf ihren Platz stellend, um sie auf die Verwirklichung des selben Plans zusammenzuführen; und es ist fast überflüssig zu notieren, wie sehr die beiden Termini el-islâm und es-salâm in der arabischen Sprache eng miteinander verbunden sind[2].

In der islamischen Tradition werden diese beiden Bedeutungen des Krieges, wie auch die real existierende Bedeutung zwischen ihnen, auf die klarstmögliche Weise in einer hadith des Propheten ausgedrückt, die auf dem Rückweg von einer Unternehmung gegen äußere Feinde ausgesprochen wurde: „Wir sind von dem kleinen heiligen Krieg zum großen heiligen Krieg zurückgekehrt“ (Rajâna min el jihâdil-asghar ila ‛l-jihâdil-akbar). Wenn der äußere Krieg also nur der „kleine heilige Krieg“[3] ist, während der innere Krieg der „große heilige Krieg“ ist, so ist es eine Tatsache, dass der erstere in Beziehung zum zweiten, dessen sinnlichen Abbild er bloß ist, nur eine sekundäre Wichtigkeit hat; es versteht sich von selbst, dass unter solchen Bedingungen, alles, was dem äußeren Krieg dient, als Symbol dessen, was den inneren Krieg betrifft, genommen werden kann[4] und dies gilt im besonderen für das Schwert.

Diejenigen, die diese Bedeutung nicht erkennen, auch wenn sie die hadith ignorieren, die wir eben zitiert haben, könnten wenigstens beachten, dass während der Predigt, der khatib, dessen Funktion offensichtlich nichts (im gewöhnlichen Sinn des Wortes) Kriegerisches besitzt, ein Schwert in der Hand hält und dass dieses in solch einem Fall nur ein Symbol sein kann - ohne zu hinzuzuzählen, dass das Schwert tatsächlich üblicherweise aus Holz ist, was es evidenterweise ungeeignet für den Gebrauch in äußeren Kämpfen macht, auf diese Weise noch mehr den symbolischen Charakter betonend.

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[1] Matthäus, X, 34.

[2] Wir haben diesen Betrachtungen in Le Symbolisme de la Croix (Die Symbolik des Kreuzes), cap. VIII. einen größeren Raum gewidmet.

[3] Es ist im übrigen evident, dass er es nur ist, wenn er von Motiven traditioneller Ordnung bestimmt ist; jeder andere Krieg ist harb und nicht jihâd.

[4] Dies träfe natürlich nicht mehr auf die Instrumente des modernen Krieges zu, allein wegen ihrer mechanischen Charakters, der mit jedem wahren Symbolismus unvereinbar ist; aus einem ähnlichen Grund kann die Ausübung von mechanischen Handwerksberufen nicht als Basis für eine Entwicklung spiritueller Ordnung dienen.





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